Schlagwort: Kontaktverbot

Desinfizieren

Mein Stiefvater liest dieser Tage aufmerksam jede Zeitung und jede Reklamebeilage, derer er habhaft werden kann, er kann ja sonst nicht allzu viel tun, ausser mal in den Garten zu gehen, oder sich ans Keyboard zu setzen.
Einkaufen gehen ist gestrichen, Arzttermine sind gestrichen – er ist Hochrisikogruppe wegen diverser Vorerkrankungen und allein schon des fortgeschrittenen Alters wegen, persönliche Kontakte nach aussen gibt es momentan auch keine, hier, am Rande des Dorfes, und telefonieren ist mit Hörgerät zu anstrengend.
Nun hat er mich – die einzige im Haushalt, die derzeit arbeiten und einkaufen geht – beauftragt, im Discounter ein paar Sonderangebote zu holen. Ich wollte ja gar nicht mehr, bis das Kontaktverbot vorbei ist, weil es so schwierig ist, sich im Laden zu bewegen, ohne dauernd anderen Leuten zu nahe zu kommen.
Bisher hat ausser einem kleinen Schild niemand darauf geachtet, ob man sich überhaupt an die Regeln halten kann, wenn man denn wollte.
Auch heute nicht, allerdings war nicht mehr ganz so viel los auf dem Parkplatz, vielleicht haben die Leute ihre Hamsterkäufe eingestellt, oder ich bin einfach nur zu spät gekommen.
Von den Sonderangeboten, die mir zu kaufen aufgetragen wurden, war nämlich nichts mehr da. Von Toilettenpapier ebenfalls keine Spur, wobei ich stark vermute, dass speziell dieser Discounter das Zeug nur noch unter der Hand verkauft, weil das dafür vorgesehene Regal inzwischen mit Aktionsware belegt ist.
Laktosefreie Milch gab es ebenfalls nicht, wie schon seit 2 Wochen, in anderen Supermärkten ist man da besser sortiert, weswegen ich hier halt auch nicht mehr hingehen wollte, da ich ja doch nicht bekomme, was ich brauche.
Egal, ich hab’s versucht, und immerhin, heute stand ein (extra engagierter) Mitarbeiter vor dem Laden und hat jedem sowohl die Hände als auch den Griff des Einkaufswagens desinfiziert. Gute Idee.

Ich habe im Geschäft trotzdem noch einen Handschuh vom Brötchenregal übergestreift, um die Ware und alles andere damit anzufassen. Das sollte man eigentlich auch an alle Kunden und Kundinnen gleich am Eingang ausgeben, würde viele beruhigen und wäre mMn recht effektiv.

BTW, ich habe gelernt, dass ich mit meinem gut behandelten Bluthochdruck, den ich mir übrigens erst eingefangen habe, als ich alle Voraussetzungen dafür, wie z.B. Übergewicht, miese Ernährung und mangelnde Bewegung abgelegt hatte, eigentlich ebenfalls zur Risikogruppe gehöre. Luja.
Ich achte also noch viel mehr auf Abstand zu meinen Mitmenschen, und wenn ich sie deswegen böse angucken muss, weil sie wie blind oder ignorant durch die Gegend stolpern, dann ist mir das ganz egal. Haltet euch einfach von mir fern. Okay? OKAY?!
(Scherz, die meisten, denen ich „begegne“, sind ganz entspannt und freundlich.)

Menschen sind seltsam

In normalen Zeiten schleppen sie sich, jede im eigenen Auto, von Wohnort zu Arbeitsort und zurück und machen weder freiwillig – oder gar ausgiebig – Sport oder halten sich länger als unbedingt nötig im Freien auf.

In Zeiten, in denen ein Kontaktverbot herrscht, habe ich dagegen auf meinem Weg von Wohnort zu Arbeitsort und zurück noch nie soviele Spaziergänger, Jogger und Radfahrer gesehen, wie in den letzten Tagen.

Kriminelle Fantasie

Offensichtlich geht den Kriminellen dieser Welt der Arsch ebenfalls auf Grundeis, seit die Leute zu Hause bleiben und man nicht mehr so einfach einbrechen kann.
Sie suchen nach neuen Wegen. Da ist es dann plötzlich das Gesundheitsamt, das angeblich an der Haustür klingelt. Oder der Desinfektionsdienst.
Ich frage mich, wann die ersten auf die Idee kommen, sich als Einkaufshilfe anzubieten, und vor dem Einkauf – der natürlich nie stattfinden wird – schon einmal das Geld kassieren wollen.
Oder man verlegt sich aufs digitale, klaut Mundschutz und Desinfektionsmittel und versucht, dieses teuer auf Onlineplattformen zu verscherbeln.
Mancher gibt sich gar nicht erst die Mühe, irgendwas zu klauen, sondern belebt einfach den ein oder anderen Fakeshop und bietet alles an, ohne es jemals ausliefern zu können.

Mein Tipp: die Tür gar nicht erst aufmachen, es sei denn, der- oder diejenige kennt ihr persönlich und/oder ihr habt zuvor explizit etwas telefonisch bei einem Lieferdienst o.ä. beauftragt. Selbst der Post muss niemand mehr die Tür öffnen, die Empfangsbestätigung läuft jetzt quasi automatisch.

Ganz schlaue kommen auf die Idee, jetzt das eigene Business bis zur drohenden Pleite runterzufahren, um staatliche Soforthilfe in Anspruch nehmen zu können, obwohl sie das gar nicht nötig haben. Besonders ihr solltet euch in Grund und Boden schämen. Man sollte euch anschliessend regelmässig zu Sozialdienst verpflichten, damit ihr mal wisst, wie das ist, für andere da zu sein, anstatt der eigenen, unmässigen Gier zu frönen.
Solche „Individuen“ habe ich echt besonders gefressen.

Hier im Büro werden wir inzwischen wieder vermehrt mit Gewinnspielhotlines beglückt. Oder der Windows-Support ruft an. Soviele Telefonnummern kann ich gar nicht mehr bei der Bundesnetzagentur melden, da wäre ich den ganzen Tag beschäftigt.