Schlagwort: Pflege

Häusliche Pflege

Als meine Mutter an Krebs erkrankte, hat die persönliche Pflege mein Stiefvater übernommen, so wie früher auch schon, da meine Mutter durch diverse Krankheiten immer weiter körperlich eingeschränkt wurde. Was sie übrigens sehr beschäftigt hat, da sie ein agiler Mensch war, der nicht einfach zu Hause auf dem Sofa sitzen und alt werden wollte.

Als mein Stiefvater an Krebs erkrankte, haben mein Bruder und ich uns die Pflege geteilt, d.h. da er freiberuflich im Home Office tätig ist, oblag es ihm, den Stiefvater tagsüber zu betreuen, sowas wie Kompressionsstrümpfe anziehen, aufräumen, Essen zubereiten, waschen etc.
Da ich die einzige mit Auto war/bin, habe ich mich um alles andere gekümmert, Termine, einkaufen, zum Arzt fahren, kochen, und abends alles, was pflegerisch notwendig war, wie Wundversorgung (Dekubitus), Beine massieren, eincremen etc.pp.

Ohne meinen Bruder hätte ich das nicht stemmen können, wir hätten den Stiefvater entweder in die Tagespflege oder komplett ins Pflegeheim geben müssen, zumal mit fortschreiten der Krankheit auch immer mehr mentale Defizite auftraten, so dass man ihn nicht allein zu Hause hätte lassen können.

Ich möchte also behaupten, dass es bei uns relativ fair geteilt wurde, auch wenn die Verantwortung für alles letztlich bei mir lag.

Tiktok Streams aus dem Krankenhaus

Wann sind diese Lifestreams während der Arbeit von abhängig Beschäftigten eigentlich geil geworden?
Dass es in der Coronazeit geschehen sei, wage ich zu bezweifeln, da hatte das Pflegepersonal literally keine Zeit für so einen Scheixx, denke ich.
Vielleicht ist das digitale Universum zu dieser Zeit, als soziale Interaktion eher Mangelware war, jedoch so wichtig geworden, dass man es nun schwer hat, sich dafür nur die Freizeit vorzuhalten.

Ernsthaft, wollt ihr einmal, wenn ihr krank seid, oder alt, und auf Hilfe angewiesen, von Personen betreut werden, denen ihr so egal seid, dass diese lieber lifestreamen, anstatt ihre Arbeit zu tun?
Ich nicht.

Wobei ich schon die ganze Zeit überlege, in der Zeit, als meine Mutter, später mehr noch, als der Stiefvater so krank war, dass sie alle Naselang ins Krankenhaus mussten, ob mir da etwas ähnliches aufgefallen ist.

Zu Zeiten meiner Mutter auf jeden Fall nicht, da gab es keine Besuchseinschränkungen und mir ist niemals, auch nicht abends oder nachts, jemand aufgefallen, der statt zu arbeiten, lieber sein Gesicht ins Handy gehalten hat.
Obwohl die Pflege damals auch schon nicht immer so doll war, weil alle überlastet waren, musste man z.B. schonmal sehr lange warten, bis man auf die Toilette geführt wurde oder auf den Schieber kam, und wurde manchmal auch angepflaumt, wenn es deshalb daneben ging. Oder Patienten liefen nur in Windel gehüllt über den Flur und wurden nicht beachtet.
Diese Situationen entstanden aber nicht, weil jemand gestreamt hat, sondern weil schlicht zu wenig Personal da war.

Zu Zeiten meines Stiefvaters bin ich bei jedem seiner zahlreichen Aufenthalte wirklich jeden Tag ins Krankenhaus gefahren, meist nach der Arbeit, und abends wieder nach Hause. Da ich für den Stiefvater auch eine Vollmacht hatte, habe ich natürlich öfter mit Station und Ärzten gesprochen. Niemand hat da gestreamt.
Wie es nachts aussah, weiss ich nicht. Aus den Erzählungen meines Stiefvaters, der zum Ende hin wegen der Enzephalopathie nachts über die Station gestromert ist und nicht wieder ins Zimmer zurückfand, kann ich aber sagen, dass man ihn immer entsprechend betreut und zeitnah wieder zu Bett gebracht hat.

Persönlich habe ich mir jedenfalls vorgenommen, niemals alt, niemals krank, niemals pflegebedürftig zu werden. 😉
Wenn es doch nur so einfach wäre. Aber vorsorgen kann ich. Zum Beispiel soviel Geld wie möglich zusammenzukratzen, damit man im Alter z.B. nicht ins Pflegeheim muss, sondern zu Hause betreut werden kann. Solange man noch geistig fit ist, halte ich das für die bessere Lösung.

Verhinderungspflege

Die Regelungen zum Pflegegrad bzw. zur Pflege Angehöriger sind ziemlich kompliziert, und sie werden mit jeder Neuerung nicht einfacher.
Vorhin habe ich wegen der Verhinderungspflege recherchiert und dabei erfahren, dass sich seit 2022 auch zwei eingetragene Pflegepersonen gegenseitig vertreten können, wenn eine mal verhindert ist, krank, Urlaub etc., und dafür Anspruch auf Verhinderungspflege haben.

Mein Bruder und ich teilen uns die Pflege unseres Stiefvaters, für dieses Jahr gibt es schon 2 Zeiträume, wo einer von uns komplett übernehmen musste.
Einmal war ich krank, hatte Corona, mein Bruder musste in der Zeit sogar uns beide versorgen.
Danach war mein Bruder krank inkl. Krankenhausaufenthalt und ich habe Urlaub genommen, um den Stiefvater zu versorgen.

Nächste Woche werde ich bei der Pflegekasse anrufen und mich erkundigen, wie der Antrag zu stellen ist und bin sehr gespannt, wie das abgerechnet wird.
42 Tage im Jahr hat man Anspruch auf Verhinderungspflege, 20 Tage hätten wir im letzten Halbjahr schon gesammelt.